Soziale Dienste und Glaubensgemeinschaften 

 

 

Profile jüdischer Sozialer Arbeit

Das Forschungsprojekt „Profile jüdischer Sozialer Arbeit“ untersuchte die vielfältigen sozialen Unterstützungsleistungen von jüdischen Gemeinden, die in der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) organisiert sind. Da diese bisher wissenschaftlich kaum erfasst sind, stellten die Gemeinden unter der Fragestellung „Welche Profile Sozialer Arbeit entwickeln jüdische Gemeinden vor dem Hintergrund gesellschaftlicher sowie regionaler Dynamiken und Herausforderungen?“ den zentralen Untersuchungsgegenstand dieser empirischen Studie dar. Dabei wurden sowohl Art und Umfang der angebotenen sozialen Dienste als auch die Motivation der Gemeinden zur Erbringung sozialer Hilfeleistungen betrachtet.

In der ersten Phase des Projekts wurde in Kooperation mit der ZWST ein standardisierter Fragebogen entwickelt, der an alle in der ZWST organisierten jüdischen Gemeinden (mit einem vorhandenen E-Mail-Zugang) verschickt wurde. Dieser beinhaltete fünf verschiedene Perspektiven, unter denen die sozialen Angebote der Gemeinden betrachtet werden.

Diese Perspektiven lassen sich wie folgt betiteln: Entwicklungsdimensionen, Gemeindestruktur, gemeindespezifische Differenzierungen, regionale Verankerung und Kooperation, Herausforderungen und Perspektiven. Unter der Überschrift Entwicklungsdimensionen sind mögliche Transformationsprozesse im Angebotsspektrum erfragt worden, die durch Migration jüdischer Migrant*innen aus der ehemaligen Sowjetunion und der daraus resultierenden Veränderung der Mitgliederstruktur der Gemeinden hervorgerufen wurden und werden. Innerhalb der zweiten Perspektive ging es um die Gemeindestruktur und ob bzw. mit welchen Angebotsstrukturen sich die Gemeinden abbilden lassen. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach personellen und materiellen Ressourcen der Gemeinden von Bedeutung. Drittens wurden gemeindespezifische Differenzierungen erhoben, welche sowohl räumlich als auch zeitlich definiert wurden, wodurch Aussagen über regionale Unterschiede ermöglicht wurden sowie über Unterschiede aufgrund des zeitlichen Bestehens der Gemeinde. Im Kontext der regionalen Verankerung und Kooperation der Gemeinden stehen zum Beispiel mögliche Prozesse der interkulturellen oder interreligiösen Angebotsöffnung im Fokus. Die fünfte Dimension untersuchte mögliche Herausforderungen und Perspektiven, die beispielsweise durch den gemeindeinternen demografischen Wandel entstehen. 

Mit den Ergebnissen der Fragebögen wurde versucht, erste Typologien einer jüdischen Sozialarbeit in Deutschland zu generieren.

In der zweiten qualitativen Projektphase wurden die Ergebnisse der ersten Projektphase aufgegriffen und inhaltsanalytisch eruiert. Dabei wurden die aus den quantitativen Daten abgeleiteten Typen jüdischer Sozialer Arbeit nochmals phänomenologisch ergründet, indem subjektorientierte Bedeutungsmuster von Gemeindevertreter*innen rekonstruiert und qualitativ typologisiert wurden.

Insgesamt konnte schließlich ein empirisches Bild der verschiedenen Profile jüdischer Sozialer Arbeit in Deutschland gezeichnet werden.

Das Projekt wurde durch die ZWST anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland in Auftrag gegeben und von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster von 2016 bis 2017 durchgeführt.